Janus-Strategie

Die Synergie ist ein verbreitetes Prinzip im Web-Business, nicht nur in Bezug auf die Ertragsmodelle, sondern auch in der betrieblichen Praxis, der Nutzung von Potenzialen und den Aktivitäten zur Optimierung.

  • Die Netzeffekte in Communitys helfen einerseits beim Wachstum der Teilnehmer, andererseits auch beim Aufbau von relevantem Content für die Interessenten und Suchmaschinen.
  • Das CRM bindet die Kunden an das Unternehmen und verringert das Risiko hinsichtlich der Zahlungsprozesse.
  • Die Kundendatenbank ermöglicht den Support und gibt dem Vertrieb Anhaltspunkte für Upgrades oder ergänzende Güter. 
  • Verbundeffekte mit horizontalen Synergien erleichtern die Neukundengewinnung und ermöglichen den Erfahrungsaustausch im gleichen Teilmarkt.
  • Der Aufwand zur Verbesserung der Usability erzielt Einsparungen am Fuß der Konversionspyramide, da weniger Besucher für das gleiche Ergebnis akquiriert werden müssen.

Das Prinzip der Synergie ist in der virtuellen Ökonomie leicht anzuwenden, weil auf Basis der Datenbanken und Informationsflüsse weniger Hindernisse sind als in der etablierten Ökonomie und Gesellschaft. Im vierten Sektor sind keine Distanzen zu überwinden, keine Produkte zu transportieren und keine Produktionshallen zu bauen. Der Wettbewerb ist nicht physisch und personell präsent und errichtet seinen Standort in räumlicher Nähe. Strukturen sind nicht mit aufwändigen Investitionen und Installationen verbunden, die mit Macht und politischer Unterstützung verteidigt werden. Der Wechsel von Strukturen, Einsatzfaktoren, Güterangeboten und Absatzmärkten ist in der virtuellen Ökonomie leichter zu vollziehen. Durch die fehlende räumliche und persönliche Nähe sind die Schranken zur Zusammenarbeit nicht so hoch und fest.

Synergie erspart Aufwand und vereinfacht Prozesse. Die für eine Anwendung eingesetzten Mittel, das Know-how und die Ressourcen werden mehrfach genutzt und auf die Zielumsetzung in weiteren Aktionsräumen ausgerichtet. Die Strategie zur Optimierung des Aufwandes wird deshalb als Janus-Strategie bezeichnet.

Der römische Gott Janus stand für den Anfang und das Ende, für die Sicht auf das Vergangene und die Zukunft. Er hat dem Monat Januar seinen Namen gegeben und blickte in zwei Richtungen. Dieses Bild wird für die Strategie im Web-Business verwendet, mit der die Wirkungen einer Anwendung nach zwei Seiten ausgerichtet werden. Die Janus-Strategie ist in der Literatur bereits veröffentlicht und im Detail besprochen worden.[1]

Ein Beispiel für eine Strategieentwicklung und Integration von interdependenten Wirkungen ist die Zusammenführung von Onsite-Optimierung und Usability. Die Synergien entstehen aus der Anwendung von Know-how zur Verbesserung der Kommunikation zwischen den Computern einerseits und der Relevanz für den Menschen andererseits. Die knappe Zusammenfassung für eine Anwendung der Janus-Strategie soll hier ausreichen, damit das nachfolgend beschriebene Prinzip verständlicher wird.

Die Zielrichtung der Internetentwicklung war der Datenaustausch zwischen einzelnen Computern. Mit der Einführung des Webs wurde ein Interface für den Menschen auf das Netz gelegt. Folge dessen war die Etablierung einer Zweiteilung, mit der die gleiche Information für zwei Rezipienten, den Besucher und den Software-Robot, unterschiedlich dargestellt wird.

In der Analogie zum Radioempfang ist die Realisierung einfacher zu verstehen. Die Robots der Suchmaschinen lesen nur die Schwingungen (Programmanweisungen) aus, sie hören nicht die Musik. Der Surfer aber sieht das aus den HTML-Anweisungen generierte Ergebnis (die Web-Seiten) und eben nicht den Datenstrom. Er hört die Musik.

Abbildung Janus-Strategie | Web-Business

Abbildung Janus-Strategie

Mit der Janus-Strategie wird die Webpräsenz sowohl für die Besucher als auch für die Software-Robots verständlich und relevant dargestellt. Im ersten Schritt sollen die Robots der Suchmaschinen die Bedeutung der eigenen Website erkennen, denn sie bereiten die Informationen für andere Softwareanwendungen vor, beispielsweise für die Ergebnisse und die Reihenfolge der Ausgabe in der Suchmaschine. Ohne eine Indexierung und Listung der Webseiten in Suchmaschinen und Verzeichnissen muss die Website mit anderen Aktionen bekannt gemacht werden. Für den Webmaster bieten die Vermittler in den Besucherquellen[2] spezielle Varianten an, wie die Eintragung in Foren oder die kostenpflichtige Bewerbung der Präsenz mit Anzeigen. Die anderen Kanäle des direkten Zugriffs über die URL oder die Verlinkung von Affiliates sind ebenfalls aufwändig und ziehen andere Kosten nach sich. Die gute Findability ist eine notwendige Bedingung für den Erfolg, denn ohne Besucher sind alle weiteren Optimierungen nutzlos.
Abbildung Konversionsstufen und Aufwand | Web-Business

Abbildung Konversionsstufen und Aufwand

Aufbauend auf der notwendigen Bedingung an der Basis bewegt der Webmaster den Besucher über die Konversionspyramide hin zu den hinreichenden Bedingungen an der Spitze. Der Erfolg des Web-Business wird dort erst mit der Zielaktion generiert. Auf dem Weg dorthin geht über die verschiedenen Konversionsstufen der größte Teil der Besucher wieder verloren. Die Konversionsverluste sollen mithilfe einer guten Usability minimiert werden.[3] Die Software der Suchmaschinen versucht ebenfalls die Usability der Seiten zu bewerten, denn die Empfehlung auf der Ergebnisliste soll auf eine relevante Seite für die jeweilige Suchanfrage verweisen. Der Suchende beurteilt die Relevanz der Verlinkung nach der Qualität der Zielseite.

Die Janus-Strategie optimiert die Webpräsenz zu beiden Seiten. Einmal mit Blick auf den Besucher, der sich auf den Seiten gut zurechtfinden soll. Die Zufriedenheit der Besucher erhöht die Konversionsquoten des Web-Auftritts. Außerdem wird die Strategie im Hinblick auf die Robots der Suchmaschinen ausgerichtet. Die sollen die Seiten der Präsenz bestmöglich indexieren und in den Ergebnissen listen. Die bereits besprochene Onsite-Optimierung trifft mit der Usability-Optimierung zusammen. Die Aktionsräume beziehen sich beide auf die Webpräsenz, haben jedoch unterschiedliche Bedeutung für die jeweilige Zielrichtung.

Um beide Ziele zu verfolgen, ist die Realisierung der wichtigen Ausprägungen der Website unabdingbar. Die schnelle Ladezeit und der gute Aufbau spezialisierter Seiten sind im Hinblick auf die Janus-Strategie besonders wichtig. Der Webmaster muss die Grafiken kompakt halten und die Dateien komprimieren. Weiterleitungen der Besucher auf andere Seiten werden klein gehalten, damit nicht mehrere Serveranfragen beantwortet werden müssen.

Onsite-Relevanz und Usability

Tabelle Onsite-Relevanz und Usability

Mit einem Browsercaching und einer Priorisierung der HTML-Dateien werden dem Besucher die wichtigsten Inhalte schnell vermittelt. Ähnliche Wirkungen können durch die Aufteilung von JavaScript-Anweisungen und CSS-Reduzierungen erzielt werden.

Die Texte stellen hinsichtlich der Janus-Strategie ein wesentliches Erfolgskriterium dar. Für den Besucher soll einmaliger, neuer und relevanter Text erscheinen, der seine Neugierde anregt und zur weiteren Exploration der Website motiviert. Die Robots der Suchmaschinen bewerten längst nicht mehr allein die Keyword-Dichte, wie es in der Anfangszeit der Seitenindexierung und -bewertung der Fall war. Zu der Keyword-Dichte kommt noch die Inverse Document Frequency, anhand derer ermittelt wird, wie häufig Dokumente auf der Website aufgefunden werden, die das zu untersuchende Keyword enthalten. Auf diese Weise will die Suchmaschine den Themenbereich der gesamten Website in die Beurteilung miteinbeziehen.

Mit den Empfehlungen aus der Tabelle Onsite-Relevanz und Usability wird eine verlässliche Basis für den künftigen Ausbau einer Präsenz geschaffen, die über die persönlichen Vorlieben und Geschmäcker hinausgeht. Für den Erfolg im Web-Business sind das eigene Verhalten und die eigene Einschätzung irrelevant, die Webpräsenz wird für anonyme Websurfer gestaltet und muss durch diese Unbekannten aufgefunden werden. Der Webmaster oder der Betreiber der Website ist offensichtlich nicht die Zielgruppe selbst, sondern der Anbieter von interessanten und hilfreichen Informationen für diese.

Als Leitlinie für die Webpräsenz kann aber die Orientierung an guten Inhalten für den Besucher dienen. Die Suchmaschinen versuchen nur mit quantifizierten Methoden, die intuitiv als gut und wertvoll empfundenen Texte zu identifizieren und in der Reihenfolge ihrer Suchergebnisse für eine Anfrage oben auszugeben. In der modernen Form der Textanalyse wird auf eine semantische Interpretation der Inhalte hingearbeitet, mit der die Maschinen an das menschliche Sprachverständnis adaptiert werden sollen.

Die Algorithmen der Suchmaschinen verzichten immer mehr auf die von wohlmeinenden Webmastern eingebauten angebotenen Informationen. Leider manifestiert sich hier ein Misstrauen beider Seiten, das vermutlich sogar begründet ist. Webmaster versuchen Webseiten an den vorderen Positionen zu platzieren, die technisch die vermeintlichen Algorithmen der Suchmaschinen bedienen, aber für den Interessenten unsinnige oder allenfalls bekannte, selbstverständliche oder langweilige Inhalte präsentieren. Die Suchmaschinen versuchen, die relevanten und begeisternden Inhalte an der Spitze der Ergebnislisten aufzuführen.

Die erfolgreichen Webpräsenzen erstellen zunächst gute Webseiten für den Besucher und helfen anschließend den Suchmaschinen dabei, das zu erkennen. Das umfasst das Aufgabenfeld der Janus-Strategie für die Webpräsenz. Sie hebt die anfangs nützliche Trennung zwischen den Aufgaben des Web-Designs und der Optimierung für die Suchmaschinen wieder auf. Der Aufbau von benutzerfreundlichen Webseiten ist mit der Weiterentwicklung der Software und der verbesserten Hardware auf den Datenleitungen und beim Client sehr erleichtert worden. Die Suchmaschinen haben ihre Algorithmen laufend verbessert und das Profiling der Benutzer perfektioniert, womit die Relevanz auf den Ergebnislisten für die Suchanfragen erheblich gesteigert werden konnte.

Mit den Suchmaschinen zieht der Webmaster gemeinsam an einem Strang. Beide wollen die Relevanz für die Zielgruppe erhöhen und den Surfer möglichst schnell auf die guten Seiten verweisen. Schnell zu finden sind die Seiten, wenn die Robots genügend Datenmaterial für den Index bekommen. Gut sind die Seiten, wenn die Besucher aus der Zielgruppe die Präsenz akzeptieren und zurückkehren.

Die Anwendung der Janus-Strategie für Onsite-Verbesserungen und gute Usability ist ein Beispiel für die strategische Planung guter Webseiten und die optimale Nutzung von Synergien. Hinter jeder Strategie steht ein Prinzip als Leitlinie. Hinter der Janus-Strategie für die Website steht das Relevanzprinzip, definiert als die Entsprechung von Erwartung und Erlebnis. Die Janus-Strategie für Communitys realisiert die Netzeffekte als Interaktionsmöglichkeiten. Die Janus-Strategie im CRM setzt das Vertrauensprinzip aus der persönlichen Erfahrungswelt in das anonyme Web um. Die Verbundeffekte sind eine Übersetzung der geschäftlichen Partnerschaft mit der Janus-Strategie ins Web-Business.

 

[1] Usability

[2] Besucherquellen

[3] vgl. Hildebrandt, Hudetz 2007: S. 40 ff.