Fallbeispiel First Copy Costs

Die Herstellung des vorliegenden Buches hat zu einem sehr hohen Prozentsatz Know-how und Arbeit erfordert. Die Erfahrungen sammelten sich in vielen Jahren an, sie wurden in Vorträgen und Vorlesungen erprobt und vervollständigt. In den letzten Jahren und Monaten vor der Fertigstellung wurden die Recherchen intensiviert und aktualisiert. Lektoren haben das Buch geprüft, den Text überarbeitet und Feedback zu Inhalt und Verständlichkeit gegeben. Mediendesigner haben an Grafiken und Layout gearbeitet und die Inhalte in eine druckreife Form gebracht. Webseiten wurden konzipiert und Modellrechnungen überprüft. All diesen Aufwand- und Kostenpositionen ist gemein, dass sie versunken sind. Sie lassen sich nicht wieder zurückholen oder ungeschehen machen. Lediglich die zukünftigen Erträge helfen, die Ausgaben zu amortisieren.

In der Medienwelt sind die versunkenen Kosten die First Copy Costs, und sie variieren in der Relation zu den Gesamtkosten in den einzelnen Mediengattungen.[1] Mit dem Begriff Fixkosten wird dieser Anteil an der betriebswirtschaftlichen Rechnung nur ungenügend beschrieben, denn die Fixkosten fallen in jeder Periode an. Das sind zum Beispiel die Personalkosten, das Lager und die Abschreibungen. Die versunkenen Kosten sind die Herstellungskosten, die Arbeit des Autors, des Lektors und des Grafikers, Layout, Lizenzen und Marketing.

Die First-Copy-Costs sind im Sinne des Namens die Kosten des ersten Produktes. Wenn es das einzige bleibt, konzentrieren sich alle Kosten auf dieses erste gedruckte Exemplar als eine Einzelfertigung. Aus der Kostenrechnung fallen die variablen Kosten wie Vertrieb, Rabatte, Druckkosten und das Autorenhonorar heraus. Auf diesen Wert fallen die Grenzkosten. Dabei ist es fast unerheblich, ob die First Copy Costs oder die Fixkosten durch die kumulierte Anzahl der abgesetzten Formulare dividiert werden. Die letzte abgesetzte Einheit kostet also die variablen Kosten und damit rund die Hälfte des Ertrages.[2]

Die erste Version des E-Books ist die Vorlage, nach der praktisch mit dem Abruf des E-Books oder des Musikfiles, des Videos oder des Bildes produziert wird. Sehen wir von den First-Copy-Costs ab, bestimmen die variablen Kosten bei den digitalen Gütern wie den E-Books das Marketing, die Rabatte und das Autorenhonorar. Es fällt auf, dass Marketing variabel kalkuliert werden kann, weil es erfolgsorientiert als Dienstleistung gekauft wird. Häufig ist es in dem Rabatt enthalten, wenn über große Plattformen verkauft wird, die selbst einen gut segmentierten und effizienten Vertriebskanal haben. Sie erhalten dann eine Provision für die Vermarktung, den Vertrieb und die Produktion des digitalen Gutes. Die Druckkosten sind gleich Null.

Jedes im Web-Business angebotene digitale Gut weist diese Kostenstruktur auf, sei es ein Softwareprogramm, Musik-, Video- oder Bilddateien, also jedes Gut auf einem Speichermedium. Im Marketing der Güter sind Kostendegressionen möglich, die in den vier wesentlichen Effekten im Web-Business begründet sind.[3] Bei virtuellen Gütern sind die Kostendegressionen noch ausgeprägter, denn sie benötigen noch nicht einmal ein Speichermedium. Der Zugang zur Information und werbefinanzierte Ertragsmodelle lassen sogar die Marketingkosten gegen Null sinken. Um auf den Ausgangspunkt der Buchherstellung zurückzukommen, wird der Text weder als Buch gedruckt, noch digital zum Download angeboten, sondern auf einer Webpräsenz abgelegt, wo er gelesen werden kann. Die Gebühr zahlt entweder der angemeldete Benutzer selbst oder Werbepartner für ihn.

 

[1] Zerdick 2001: 165 f.

[2] Diese Relationen sind diversen Veröffentlichungen im Web entnommen und wurden im persönlichen Gespräch mit Verlegern abgeglichen.

[3] Dem Netzeffekt, Lerneffekt, Bestandseffekt und Verbundeffekt.

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